Weltmeister Alexander Wieczerzak kämpfte im WM-Finale mit gebrochener Nase

So, 10.09.2017, 14.01 Uhr
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von Tonja Bröder
Der Wiesbadener Kurier berichtet

Bericht im Wiesbadener Kurier am 07.09.2017 von Tobias Goldbrunner

WIESBADEN - Wenn Alexander Wieczerzak an diesem Donnerstag das Flugzeug in Richtung Malediven besteigt, atmet er erst mal kräftig durch. Nach der „krassesten Woche meines Lebens“. So gut ihm das gelingt. Denn der frisch gebackene Judo-Weltmeister vom JC Wiesbaden hat nach seinem überraschenden Titelgewinn nicht nur Dutzende von Presse- und Sponsorenterminen absolviert, Hunderte von Nachrichten beantwortet – er hat auch die anhaltenden Schmerzen mal untersuchen lassen. Und dabei kam heraus: Der 81-Kilo-Mann bestritt das Halbfinale gegen Olympiasieger Khasan Khalmurzaev (Russland) und den Endkampf gegen den Italiener Matteo Marconcini in Budapest mit einer gebrochenen Nase. „Ich habe im Halbfinale gemerkt, dass ich einen Schlag drauf bekommen habe“, erinnert sich Wieczerzak. Dunkel. „Denn darauf geachtet habe ich nicht. Ich war so im Flow, ich hätte auch weitergemacht, wenn mir ein Arm abgefallen wäre.“

Fast 30 Interviews in einer Woche

Apropos Arm: Eine MRT-Untersuchung brachte auch eine Verletzung am Handgelenk zum Vorschein. Wieczerzak nimmt es gelassen: „Ich hatte schon Schlimmeres. Das Handgelenk ist bald wieder okay. Und die Nase ist weder schief noch krumm, sie wächst zusammen.“ In der Nacht nach dem Turniersieg spürte er die Schmerzen. „Aber da konnte ich auch so nicht schlafen.“ Am Morgen sagte er noch scherzhaft zu seiner Freundin: „Ich glaube, du musst einen Krankenwagen rufen.“

Die nächsten neun Tage erholt sich der 26-Jährige mit seiner Freundin am Indischen Ozean. Danach stürzt er sich wieder in den Rummel um seine Person. „Es ist Wahnsinn, was so ein Erfolg lostritt. Aber auch sehr schön. Ich genieße jeden Termin“, schildert Wieczerzak. Fast 30 Interviews standen auf dem Programm. Für lokale und nationale Zeitungen, für das Fernsehen sowie japanische und südkoreanische Medien. „Die Asiaten waren sehr an meinen Trainingsmethoden interessiert – aber das habe ich ihnen nicht verraten“, lacht Wieczerzak. Judo-Mutterland Japan holte zwölf Medaillen in Ungarn – aber eben keine bis 81 Kilogramm.

Wieczerzak nutzte auch die Zeit, „um allen zu danken, die in der schweren Zeit in den vergangenen Jahren für mich da waren und mir die Treue gehalten haben“. Trainingspartner Simon Schnell zum Beispiel, den er am Mittwoch zum Essen einlud. Familie, Freunden. Seinen Sponsoren Hublot und Die Schrothkur, der Wiesbadener Sportförderung (Wispo). Und natürlich Ärzten und Physiotherapeuten. Schließlich erfuhr er auf dem Weg zum WM-Triumph etliche Rückschläge, litt unter dem Dengue-Fieber, einem Rippenbruch. Musste am Ellbogen operiert werden. Und zog sich sogar im Februar noch einen Muskelfaserriss im Knie zu – durch den sogar die WM-Teilnahme in Gefahr geriet.

Besuch bei der Olympischen Ballnacht ist eingeplant

Gemeinsam mit Bundestrainer Richard Trautmann, der ihn schon zu WM-Gold 2010 in der U 20 geführt hatte, plant Wieczerzak nach dem Urlaub die nächsten Schritte. Denn er will 2017 noch einige Wettkämpfe bestreiten. Etwa das Bundesliga-Viertelfinale mit Titelverteidiger JT Hamburg gegen Ettlingen am 30. September und 7. Oktober, genauso wie die angestrebte Finalrunde am 4. November. Danach wartet ein Bundeswehr-Lehrgang in Warendorf. Dazwischen steht der Grand Slam in Abu Dhabi an. Und im Dezember der in Tokio. Anschließend beginnt bereits die Vorbereitung auf die EM und WM 2018. Am 23. September will Wieczerzak zudem die Einladung zur Olympischen Ballnacht im Wiesbadener Kurhaus wahrnehmen. Er ist heißer Kandidat für die Wahl zu Hessens Sportler des Jahres. Wer ihm gratuliert, soll nur nicht zu schwungvoll sein. Der Nase wegen.

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