Blitzschnell aufs Kreuz gelegt
Bericht im Wiesbadener Kurier von Susan Dobias am 24.05.2019
WIESBADEN - Hanna Sedlmair hat ihre ganze Klasse gerade erst bei den Südwestdeutschen Meisterschaften am Wochenende in Homburg/Saar eindrucksvoll nachgewiesen. Die 15-jährige Judoka gewann in der Klasse bis 57 Kilogramm in der U 18 alle ihre Kämpfe vorzeitig. In weniger als 90 Sekunden lagen die Gegnerinnen auf der Matte. Das Finale beendete sie nach 30 Sekunden mit einem Kracher: Uchi-Mata (Innenschenkelwurf). Dabei schlug sie den Oberschenkel der Kontrahentin mit ihrem Schwungbein von innen nach hoch oben weg. „Das ist meine Spezialtechnik“, erklärt Hanna strahlend.
Damit legt sie die meisten Kämpferinnen aufs Kreuz. Den nötigen Mut, nach vorne zu werfen, hat sie. „Sie ist positiv verrückt“, berichtet Marcel Stebani, Manager der Bundesliga-Frauen des Judoclub Wiesbaden. Er hat Hanna trotz ihrer Jugend gerade in den Erstliga-Kader geholt. Dort soll sie reinschnuppern und in Ruhe reifen. „Verheizen werden wir sie nicht in einer Altersklasse, die nicht ihre ist. Das bringt nichts“, betont er. Nächste Höhepunkte für das Judo-Talent sind die Deutschen Meisterschaften am ersten März-Wochenende in Leipzig und der international besetzte Thüringenpokal am 23. März.
Schon als Baby über die Judomatte gekrabbelt
Danach folgen Europacups und vielleicht mal ein Einsatz in der Bundesliga. Hanna freut sich auf die Herausforderung. „Nervös bin ich nicht. Es ist aufregend und besonders, wenn ich dort gegen Frauen kämpfen kann“, sagt die Gymnasiastin. „Wenn ich gewinnen sollte, wäre das cool.“ Stebani hält große Stücke auf sie, bescheinigt Hanna neben Talent auch Fleiß, Leidenschaft und Begeisterung für den Sport. „Das Wichtigste ist, dass man mit ihr arbeiten kann. Sie nimmt die Ratschläge der Trainer an. Sie hält sich im Wettkampf an den Plan und setzt Anweisungen sofort um. Ich bin gespannt, wo es hingeht“, sagt Stebani.
Mit dem asiatischen Kampfsport ist Hanna früh in Berührung gekommen. Noch mit Windeln bepackt krabbelte sie schon als Baby über die Judomatten. Mama Brigitte war selbst aktiv und arbeitet bis heute als Trainerin. Mit vier stand Hanna dann in ihrem Heimatort Engenhahn bei Niedernhausen erstmals auf der Tatami – unter Anleitung der Mama, die sie bis vor einem Jahr betreute. Das war für beide nicht immer einfach.
Dennoch blickt Hanna gern und dankbar zurück. „Es war eine tolle Zeit und hat mir immer viel Spaß gemacht. Aber irgendwann hatte ich das Gefühl, dass es nicht weitergeht. Ich wollte intensiveres Training. Daher bin ich letztes Jahr nach Wiesbaden gewechselt“, erzählt die Neuntklässlerin der Pestalozzischule Idstein. Dort ging die Entwicklung stetig voran. Ihr 15. Geburtstag war gerade ein paar Tage um, als sie die Prüfung für den schwarzen Gurt ablegte.
„Eigentlich kann man den erst mit 16 machen, aber ich hatte die nötigen Wettkampfpunkte“, berichtet sie stolz. Fast täglich trainiert sie, geht in ihrer wenigen Freizeit noch Reiten. „Judo macht mir einfach Spaß. Ich mag den Zusammenhalt in der Mannschaft und das der ganze Körper beansprucht wird“, sagt Hanna, deren großer Traum mal die Nationalmannschaft ist. Das Talent, die Athletik, Beweglichkeit und den Willen dafür bringt sie mit.