Erster Wettkampf seit einem Jahr für Wieczerzak
Bericht im Wiesbadener Kurier am 09.02.2021 von Torsten Muders
Es ist der Traum eines jeden Sportlers: Olympia. Einmal oder mehrmals daran teilnehmen ganz nach dem olympischen Motto: "Dabei sein ist alles." Der Weg dorthin ist aber keineswegs eine wunderschöne Allee durch blühende Landschaften, sondern oftmals ein mit vielen Dornen gespickter Pfad mit einigen Hindernissen und Umwegen. Viele Entbehrungen, noch mehr Training und am Ende auch das nötige Glück, gehören dazu. Und wenn es darauf ankommt, auch fit und in Höchstform zu sein und nicht verletzt oder außer Form.
In dieser Olympiade, das Wort bedeutet im eigentlichen Sinn der Zeitraum zwischen zwei Olympischen Spielen, kommen noch die ganzen Unwägbarkeiten durch Corona hinzu. Tokio anno 2020 war nie gewesen und ist schon Geschichte. Und ob Tokio 2020 wirklich 2021 wie vom IOC noch ohne dann schon Plan C gewollt vom 23. Juli bis 8. August stattfinden wird, steht mehr denn je in den Sternen.
Doch Leistungssportler wären keine Leistungssportler, wenn sie nicht dennoch auf dieses Ziel Teilnahme in Tokio hinarbeiten würden. Auch Judoka Alexander Wieczerzak. Grund genug, beim Athleten vom JC Wiesbaden mal nachzufragen, wie und wo er derzeit trainiert und welche Chancen er sieht, ob denn aus dem Traum kein Traumata, sondern auch Wirklichkeit werden kann.
Wie und wo trainieren Sie derzeit und wie ist Ihr Leistungsstand?
Nach meiner Coronaerkrankung wurde ich komplett von mehreren Ärzten durchgecheckt. Unter anderem lag ich auch eineinhalb Stunden in der MRT-Röhre. Außerdem bin ich jetzt Teilnehmer einer Studie von Leistungssportlern nach einer Coronainfektion. Mir geht es jetzt körperlich wieder gut und ich trainiere sehr intensiv beim Bundestrainer in Köln. Aber ich merke deutlich, dass ich einen Monat lang wegen der Erkrankung überhaupt nichts machen konnte. Einen Lehrgang in Österreich mussten wir leider nach einem Tag abbrechen, da wir nicht länger dortbleiben durften. Dafür geht es jetzt ins Trainingslager nach Georgien. Dort hat Judo den Stellenwert wie bei uns Fußball.
Wie hoch schätzen Sie persönlich Ihre Chancen für eine Olympiaqualifikation ein?
Klar hat mein nationaler Kontrahent Dominic Ressel derzeit die Nase vorn. Doch es liegt nur an mir. Dass ich es kann, hat der Weltmeistertitel gezeigt. Als es um die Qualifikation für Tokio 2020 ging, hatte ich keine gute Zeit. Jetzt muss ich halt bei den nächsten Wettkämpfen punkten, punkten, punkten. Einen direkten Vergleichswettkampf, wie es beispielsweise Japan macht, sieht der Deutsche Judo-Bund nicht vor.
Wie sieht denn ein möglicher Fahrplan bis Tokio aus?
In Kürze findet mein erster Wettkampf seit einem Jahr statt. Wir fliegen nach Tel Aviv unter Beachtung der dementsprechenden Hygiene- und Quarantänevorschriften. Dann folgen Grand Prix- und Grand Slam-Veranstaltungen. Im April ist eine Europameisterschaft geplant. Danach werden wohl die Athleten für Olympia nominiert.
Macht es denn überhaupt Sinn, an den Olympischen Spielen in diesem Jahr festzuhalten?
Für mich persönlich gehe ich davon aus, dass ich an den Spielen teilnehmen werde. Sonst würde ich nicht so viel investieren. Neutral betrachtet kann ich mir aber auch vorstellen, dass die Spiele nicht stattfinden werden. Es ist eine sehr ungewisse Situation.
Wäre denn Olympia 2024 in Paris noch eine Option?
So weit denke ich jetzt noch nicht. Ich wäre dann auf alle Fälle einer der Erfahrenen. Aber wenn es weiter gut läuft, warum nicht?
Der in Frankfurt geborene Alexander Wieczerzak hat in seiner Vita einen WM-Titel 2017 sowie zwei Bronzemedaillen bei der WM 2018 und bei der EM 2015 stehen. Die Teilnahme an den Olympischen Spielen ist weiterhin sein Ziel. Der 29-jährige Judoka des JC Wiesbaden, der am Olympiastützpunkt in Köln trainiert, hat gerade erst eine Coronaerkrankung mit einem komplizierten Verlauf hinter sich.