Trotz WM-Aus: Wieczerzak glaubt weiter an Olympia
Bericht im Wiesbadener Kurier von Tobias Goldbrunner am 29.08.2019
TOKIO - Alexander Wieczerzak schaut ins Leere. Als die Schlusssirene ertönt, die bittere Niederlage besiegelt ist. Und klar ist: Für den 81-Kilo-Mann des Judo-Club Wiesbaden sind diese Weltmeisterschaften in Tokio im Einzel früh vorbei. Viel zu früh. Wieczerzak, Weltmeister von 2017, Dritter von 2018, verpasst die angestrebte dritte Medaille in Folge deutlich. Scheitert diesmal schon in Runde drei. Dem Griechen Alexios Ntanatsidis gelingt dank eines Hüftwurfs ein Waza-Ari – ein Rückstand, den Wieczerzak nicht mehr aufholen kann. Ntanatsidis war 2013 U 21-Weltmeister, liegt in der Weltrangliste auf Platz 27, ist wahrlich kein Schlechter – aber doch eine Aufgabe, die Wieczerzak lösen muss. Schließlich geht es für ihn bei dieser WM auch um wichtige Punkte für Olympia. Entsprechend erleichtert registriert der 28-Jährige einige Stunden später, dass auch sein nationaler Kontrahent um das Ticket für die Sommerspiele, Dominic Ressel, nicht auf einem Podestplatz landet. Der Kronshagener wird Siebter.
Mehr als 1000 Punkte Rückstand auf Ressel
Hätte Ressel Edelmetall errungen – der Olympia-Zug wäre für Wieczerzak im Grunde abgefahren gewesen. Doch aus so wird es extrem schwer für den Wahl-Kölner, noch am Weltranglisten-Fünften vorbeizuziehen. Wieczerzak hat bereits mehr als 1000 Punkte Rückstand. Für WM-Gold hätte er 2000 Zähler bekommen, für Bronze noch 1000.
"Es wird auf jeden Fall spannend in den nächsten Monaten", sagt Wieczerzak. "Ich muss jetzt mehr Turniere kämpfen, aber noch ist genügend Zeit da." JCW-Präsident Philipp Eckelmann ergänzt: „Natürlich wäre eine Medaille ein wichtiger Baustein für die Olympia-Qualifikation gewesen, aber eben auch nicht die einzige Chance. Es wäre viel zu früh, um den Kopf in den Sand zu stecken. Und entspräche auch überhaupt nicht Alexanders unbedingtem Siegeswillen.“ Bis zum Ende des Qualifikationszeitraums im Mai 2020 stehen noch mehrere Grand Prix‘ (bis zu 700 Punkte), Grand Slams (1000) und Masters (1800) an.
Wieczerzak ist bekannt dafür, dass er sich auf Höhepunkte nahezu perfekt vorbereiten kann. Gut möglich, dass die Gesäßmuskel-Zerrung, die er sich zehn Tage vor der WM im Training zugezogen hat, ihm diesmal einen Strich durch die Rechnung machte. „Natürlich ist das Abschneiden deprimierend“, sagt Eckelmann. „Bis auf die Zerrung lief die Vorbereitung sehr gut.“ Doch in den Tagen unmittelbar vor dem Start konnte Wieczerzak kein Judo machen.
Im ersten Duell gegen Ozeanien-Meister Eoin Coughlan (Australien) gibt er sich keine Blöße, sichert sich nach 2:34 Minuten den entscheidenden zweiten Waza-Ari. Gegen Ntanatsidis läuft der 28-Jährige vier Minuten an, doch der schwer zu werfende Grieche mit georgischen Wurzeln wiederum punktet. Ägerlich: Nach dem überraschenden Aus von Sotaro Fujiwara, Vize-Weltmeister von 2018, in der zweiten Runde, stehen die Chancen gut, relativ einfach ins Viertelfinale einzuziehen. Dort hätte der spätere Weltmeister Sagi Muki aus Israel gewartet. Silber holt der Belgier Matthias Casse, Bronze geht an Luka Maisuradze (Georgien) Antoine Valois-Fortier (Kanada).
Aber auch Wieczerzak hat noch eine Medaillen-Möglichkeit: Am Sonntag im Mixed-Team-Wettbewerb. Sofern der 28-Jährige kämpft. "Eigentlich muss ich erst mal mein Gesäß schonen", so der JCW-Athlet.